Schleswig-Holstein ist nicht Bayern

Morgen wird der Tag der Entscheidung sein müssen. Hierbei muss den Ministerpräsidenten und der Kanzlerin ein einheitliches Konzept gelingen, das allerdings nicht zu regionalen Ungerechtigkeiten führen darf. Was in München angemessen und notwendig sein kann, kann in meinem Heimatkreis Rendsburg-Eckernförde mit nur wenigen Fällen völlig über das Ziel hinausschießen.

Serpil Midyatli am Ostsee-Strand
SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli Bild: Thomas Eisenkrätzer

Die nach wie vor sehr hohe Akzeptanz der Bevölkerung für die Maßnahmen darf nicht aufs Spiel gesetzt werden.  In meinem Wahlkreis gibt es zum Beispiel den Ort Owschlag, der zwar eine Schule und eine Kita hat, aber nicht eine Infektion. Es wäre unzumutbar, hier die Zukunftschancen der Kinder und die Arbeitsplätze der Eltern mit einer Schließung zu gefährden, weil Söder in Bayern die Pandemie nicht in den Griff kriegt.

7-Tage-Inzidenz im Vergleich

Bayern: 178 🔴

Rendsburg-Eckernförde: 23 🟡

Quelle: RKI, 24.11.2020

Deshalb muss es einen einheitlichen aber dem Infektionsgeschehen vor Ort angemessenen Stufenplan geben. Dann wäre es auch viel besser vermittelbar, die Maßnahmen bis kurz vor Weihnachten zu verlängern. Die Schließung von Kitas und Schulen muss aber die Ultima Ratio bleiben, wenn die Inzidenzen zu stark steigen. In Schleswig-Holstein liegen wir inzwischen deutlich unter 50. Deshalb gehe ich davon aus, dass es bei uns nicht dazu kommen wird.

Ich danke allen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner, die zu dieser guten Lage beigetragen haben. Insgesamt wünsche ich mir, dass die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten in ihrer Kommunikation auch diejenigen viel stärker in den Fokus nehmen, die dazu beigetragen haben, dass die zweite Welle viel flacher verläuft, als bei unseren Nachbarländern. Zu einer vernünftigen Krisenkommunikation gehört nämlich auch, dass man nicht immer nur wie ein bayrischer Oberlehrer kritisiert, sondern auch die Erfolge der Anstrengungen der großen Mehrheit der Bevölkerung lobt.

Vor allem dürfen wir uns in Schleswig-Holstein nicht in weitere Widersprüche verwickeln. Kommunikationspannen wie zu Ostern, zum Ausfall des Abiturs oder das Wecken falscher Hoffnungen der Gastronomie sollten nun wirklich der Vergangenheit angehören. Insofern erwarten wir von der Bildungsministerin Prien zügige und verbindliche Aussagen, wie der Schulbetrieb bis zum Ende der Pandemie gestaltet werden soll. Schwammige Aussagen zur Länge der Weihnachtsferien reichen da sicher nicht.

Auch bei den betrieblichen Hilfen und der Unterstützung für Solo-Selbstständige sowie Künstlerinnen und Künstlern erwarte ich längerfristige Hilfs-Zusagen. Es kann nicht sein, dass diese schwer gebeutelten Bereiche alle zwei Wochen umdenken müssen. Und von Ministerpräsident Günther erwarte ich, dass er seinen Laden zusammenhält und endlich damit aufhört, die Unstimmigkeit in seiner Koalition als modernen Regierungsstil zu verkaufen. Die Enthaltung zum Infektionsschutzgesetz im Bundesrat war ein schlechtes Zeichen.

Es ist doch absurd, wenn mit Kubicki der bekannte FDP-Politiker des Landes zur Klage gegen die Maßnahmen aufruft, die seine eigene Partei in der Regierung umsetzt. Es ist nicht die Zeit persönlicher Profilierung. Oder mit anderen Worten: Wir brauchen jetzt mehr Garg und weniger Kubicki. Widersprüchliche Signal sind nämlich Gift für das Verständnis in der Bevölkerung für die Maßnahmen.